Der Erschliesser
oder Peinliches auf Kalymnos
Kalymnos - DAS neue Kletterdorado, so stand's in den einschlägigen Zeitschriften und da wollte ich hin. Spätestens zum Internationalen Klettertreffen im Oktober 2000 sollte es so weit sein - aber keiner flog mit... Endlich, Ostern 2001, gings los. Zu zweit flogen wir über Athen und Kos nach Kalymnos, zwei Freunde kamen später nach.  Es sollte ja ein schier unerschöpfliches Neutouren-Potential geben und die Leute von der Insel wären froh über Erschließungen - hieß es. Aber der Transport! Zu zweit mit Bohrmaschine, Akkus, bolts und dem ganzen Gerödel bei nur nur 20 kg Gepäck,  ging nicht und Olympic Airways zeigte sich nicht sehr kooperationsbereit wg. "Sportgepäck". Also einfach so Hinfliegen. Nur Klettern. Angie freut sich drüber. Nix Bohrstreß...
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Nach der ganzen Aufregung in Athen ( der neue Flughafen war grade eröffnet worden und nur wenig funktionierte...), kehrte die griechische Gelassenheit bei mir ein. In Kos lernten wir beim Warten auf die Fähre Jeanette und Hans Weninger ( und Joshi und die andren Freunde ) kennen  und in Pothia/Kalymnos 

Bestes Studio im Klettergebiet

erwarteten uns sehr freundliche, tolle, hilfreiche Studio- Vermieter (Rita und Jorgos Halikos) mit  einem wunderschönen Appartement mit Blick auf den Telendos. Und wir genossen die Tage auf der "Schwammtaucher-Insel", wenn auch unser Ort fast ausgestorben war - eine sehr gute Hafenkneipe hatte geöffnet und vor allem: 

das Klettern war saugut! Wirklich schöner Fels, moderat in der Schwierigkeit, meist sehr gut abgesichert, unglaublich rauh (Angie hat sich einen Schlitz in den Schuh getreten!), steil, abwechslungsreich, vielfältig und und und. Und massenhaft Potential! 

Hans teilt uns irgendwann mit, daß bei der Gemeinde eine Bohrmaschine verliehen wird und wir auch bolts etc. bekommen können. Da war kein Halten mehr. Ich hatte schon was entdeckt und Reinhold war bereit mitzumachen. Also nach Pothia zur MAO (kommunale Sportorganisation), Georgios Katzismalis ( oder so ähnlich ). Reinhold erläutert wortreich welch großer Erschließer ich bin, "wo überall in der Welt hat der schon ..., z.B. in Paklenica und bei uns zu Hause erst! und dann im Frankenjura! und  überhaupt... mindestens 250 Neutouren!" ...Mir ist's eher ein bißchen peinlich, aber soo gelogen ist's ja nicht und wir wollen halt gern die Bohrmaschine bekommen  usw ... Nach längerem small-talk und aufwändiger Vertragsformulierung erhalten wir 30 Edelstahl-Bolts + Riesenketten, sowie eine Akkubohrmaschine mit Bohrer und Großakku und 30 m Kabel dafür. 

Strange, mit   sowas hab ich noch nie gearbeitet - aber so geht's wohl auch. (Die Menschen bei der Gemeinde sind sehr hilfreich, freundlich, verstehen aber wenig vom Klettern oder gar Bohren - wollen aber gerne viele, vor allem leichte Routen für den Tourismus haben ).Eine gute Möglichkeit für leichtere Routen haben wir schon gefunden: 

an Kastelli. Unsre Urlaubszeit ist natürlich begrenzt uns so suchen wir einen Tag mit schlechterem Wetter aus und schon ganz in der Früh (saukalt, windig, schattig) legen wir den ersten Top-rope ( ein erster Schwerlastanker - der sitzt aber ganz schlecht! lieber noch ne Sanduhr dazu bohren ) und versuchen neue Linien. Insgesamt markieren wir mit Chalk, drei leichte und ein schwerere neue Route. Puuhh! Anstrengend. Aber schön.  Nachts Gewitter, Sturm, Regen. Alle Markierungen sind weggewaschen! Scheiße! Alles von vorne!

 - Es hilft nix - die Zeit läuft uns weg - also nochmal. Schnell markiert und gleich im Anschluß gebohrt was das Zeug hält ( zunächst natürlich noch eine Umlenkung für die Routen weiter rechts, die letzte davon muß ich auch noch z.T. im Vorstieg einbohren, weil sie höher liegt ). ... Und irgendwie sitzen die bolts so schlecht. "Beißen" nicht an. Ziehen nicht. Unsicheres Gefühl. Aber nach einer Überprüfung: alles stimmt - liegt halt vielleicht am Fels... Am Abend prüfen wir die bolts nochmal, wickeln Papier rum, messen und versuchen so den Durchmesser zu errechnen - alles paßt. Wir haben diese Art bolts noch nie verwendet, es wird schon richtig sein... Anderntags wieder die Schlepperei zum Wandfuß, letzte Haken setzen, dann ist Feierabend mit dem Akku. Ein  Ladegerät haben wir nicht und bei MAO erreichen wir niemand ( mein Handy funktionierte nicht ), dann muß es halt so gehen. 


"Kraftschluß" - nennt sich diese Art der Verankerung...wobei die Kraft nur schließt, wenn Dübel und Bohrloch zueinader passen!

Drei Touren sind bis auf die Umlenker fertig, wir geben ihnen schöne griechische Namen (wie's erwünscht ist) und jeder von uns Dreien steigt sie vor ("Erstbegehung"). Abends in die Hafenkneipe, Treffen mit Hans & friends. Ich bring einen bolt mit, weils mir so unsicher ums Herz ist... Hans diagnostiziert mit sicherm Blick und der Erfahrung von hunderten von Erstbegehungen: "10er bolt" - und wir haben mit einem 12er Bohrer gebohrt! ...Schande! Alles umsonst. Und diese Schmach! Der GROSSE Erschließer! Oh Mann! - BESÄUFNIS! wie es im Buche steht...Und keine Chance der Korrektur - nur, am nächsten Morgen, mit dickem Kopf, alles wieder klettern und die bolts entfernen...

Ein Jahr später sind wieder wieder am Tatort: Reinhold, Angie und ich. Und diesmal mit Klebebolts und der Bohrmaschine von Hans ( der natürlich samst Familie und Freunden auch wieder da ist ). Und diesmal klappt (fast) alles. Die Schwerere ("damokles", 6a ) wird auch fertig und sogar noch eine leichte Zugabe, dann ist der Kleber alle und alles so wie's sein soll. Bei Steve ein Bier drauf! ( und die leckeren Zucchini-Bällchen ) und weiter Klettern und Bohren mit Hans und den Urlaub genießen und ganz sicher wieder kommen!