Eine kleine Geschichte über eine kleine Insel
 
Es war gegen Ende des letzten Jahrhunderts, als ein – zur damaligen Zeit sehr bekannter Kletterer aus Italien – namens Adrea di Bari, seine Flitterwochen mit einem Segeltörn durch die Dodekanes verbringen wollte. Er suchte nach gutem Essen, Relaxen, Baden, Strand  und .... So kam er  auch nach Kalymnos, der Insel der Schwammtaucher. Einer kleinen, ziemlich unbekannten und noch wenig vom Tourismus heimgesuchten Insel. Und er entdeckte: Felsen, Wände, Grotten, Platten, Dächer, massenhaft Tufas in den Überhängen, Tropfwasserlöcher, zerfressenen rauen „jungfräulichen“ Kalk – ein Paradies für Kletterer. Und so begann er mit Freunden die Erschließung. Heute gibt es über 2700 Routen – allesamt gut und modern abgesichert, viele bis 40m Länge und mittlerweile auch einige nennenswerte Mehrseillängen.

Ein paar Augsburger Kletterer fahren auch seit mehr als 15 Jahren regelmäßig auf die Insel und haben diese Entwicklung begleitet und die eine oder andre Route eingebohrt. Als „Drilling Gang“ haben sie auch immer wieder neue Sektoren gefunden und erschlossen. Zu dieser Drilling Gang gehören neben den Augsburger Freunden, wie sich das für kalymnische Verhältnisse gehört, auch Kletterer aus anderen „Ländern“ – z.B. Jeanette & Hans  Weninger oder Christine & Bernd Arnold oder Steve McDonnell (der eine legendäre Snack-Bar in Kalymnos besitzt).

Der jüngste neue Sektor dieser Gruppe befindet sich in einer malerischen wunderschönen Bucht auf der Nordseite der Insel. Früher war der „Ort“ eigentlich nur mit dem Schiff zu erreichen – zwar führte auch eine abenteuerliche Schotter- piste dorthin, sie war aber nur von abenteuerlustigen Motocross-Fahrern zu meistern. In der Bucht hatte Nikolas, ein Hilfslehrer, seine Taverne. Ab und an war sie von Seglern aufgesucht worden und Nikolas kredenzte sehr traditionelle Speisen – z.B. mit Rosmarin eingelegte Bratheringe. In diesem Ort wurde auch das besondere kalymnische Dauerbrot erfunden. Gebacken aus Grassamen, diente es als „Schiffszwieback“ für die Schwammtaucher auf See. Heute ist es wesentlicher Bestandteil des „Mermizeli“–Salates. Allerdingse gelang es Nikolas nie, sonderlich viele Gäste anzulocken. Aber er setzte sich sehr dafür ein, dass auch „sein“ Ort ein Stück vom touristischen Kuchen abbekommt.

Wie auch immer er es geschafft hat – jedenfalls wurde mit EU-Mitteln vor ca. 7 Jahren eine neue Strasse gebaut und damit kam sogar Elektrizität nach Palionissos. Und u.a. auch die „Drilling-Gang“. Und es setzte die typische Parallel-Entwicklung ein: es kamen mehr Kletterer - es kamen mehr Einheimische, die ein „Business“ eröffnen wollten - es gab mehr Routen, gefolgt von mehr Kneipen ...

„Als wir das erste Mal mit dem Scooter von der Passhöhe herabkamen und den Blick auf diese wunderschöne Bucht hatten, war uns klar: da müssen wir einfach was zu Klettern finden!“

Die erste auffällige rote Wand im Tal war nach einer ersten Inspektion für uns zu schwer und wir gaben den Remy-Brüdern einen Tip ...

  

 Weiter unten, direkt in der Bucht sind die Felsen ringsum und relativ schnell wurde eine Wand gefunden, die sowohl einen leichten Zustieg bot, als auch vielfältige Klettereien ermöglichen würde. Rechts außen relativ leicht und etwas gestuft, in der Mitte steile Platten, gefolgt von einer Verschneidung, zerfressenem roten Fels und einem Dach darüber. Und nach links viel Potential für weitere Möglichkeiten. Unser ältester und mutigster Vorsteiger (er hat ja schließlich endlose Erfahrung) setzte den ersten Umlenker und die Geschichte nahm ihren Lauf, deren Höhepunkt, die Erschließung von unten im Vorstieg von „Iltis“ war.

    
1     
Iltis, 6b **** - a natural line, various, technical at the crux with tiny holds
2     
Iltis Extension, 7a *** , 15m, bridging at the roof, but hard on the chimney
3     
Baden mit und ohne, 7a *** - almost every bolt you reach, you get a new grade
4     Novembersonne, 7b *** - the fingery technical slab
5     67, 6b+ *** - at the black tufa holds  go straight!
6     Fingerpull, 6a+  *** - the name tells the story…right at the top
7     British Pubbull 5c+, *** - steep above the big hole, don’t cheat to far left.
8     No Sprit, No Station, 5c *** - the wall with fingery holds (a long way from the last
       station to the beach for scooters)
9     Corax, 5b *** - a pair of corax watched carefully what we’ve been doing
10   Colchicum autumnale 5a, ** - it’s only one delicate technical move
11   TakTakTak 4b, **- nice, but the sound of the island disturbed while drilling

November 2010, 1 and 4 – 10: Hans Weniger, Angie Hafner,  Christian Schmidt  Nr. 2/3/4 – Bernd & Christine Arnold and Drilling Gang 

Damit war der Anfang gemacht und es sollten noch eine Menge mehr Routen folgen. Und wie schon der Name „Tak Tak Tak“ beschreibt wurde parallel dazu auch die Infrastruktur entwickelt. Mit großen Bohrhämmern wird der Umgebung Platz abgerungen und hier und dort und da – entsteht eine neues Haus, eine neue Taverne ... Leider auch hier ein Zaun und dort „Privat“ und ... Aber auch: der Strand strotzt nicht mehr vor angespültem Dreck, sondern ist sauber und wird gepflegt. Man kann zwar nicht mehr nach dem Klettern schnell mal nackig ins Wasser hüpfen (so was gehört sich nicht in Griechenland, wenn Einheimische unmittelbar daneben sind), dafür gibt’s frisches kühles Bier und feines Essen. Baden kann man selbstverständlich weiterhin – jetzt sogar mit Sprungbrett und Einstiegsleiter.

Auf der Südseite der Bucht, da, wo „unser“ Sektor liegt, hatte Jlias schon immer seine Ziegen weiden und eigentlich haben wir auf seinem Grund und Boden gebohrt. Natürlich hatten wir vorher Nikolas – er war in unsren Augen ja so was wie der „Dorfvorsteher“ -  gefragt, ob wir dort neue Routen erschließen dürften und  er „erlaubte“ es auch – nur war er eben nicht der Eigentümer. Ilias wiederum hatte uns beobachtet und uns kopfschüttelnd zugesehen, aber es störte ihn nicht und er ließ uns gewähren.  Sein kleines Fischerhaus am Meer wurde dann schnell umgebaut in eine Taverne – sein Sohn  bringt immer frischen Fisch aus dem Meer  und Nomiki, seine Schwiegertochter, bereitet daraus ganz besonders leckere Gerichte. Traditionell und meist ganz anders, als alle andren in den üblichen touristischen Tavernen.

 


    

Schnell hatten wir uns gegenseitig angefreundet und jedes Jahr kommen wir gerne wieder  nach Palionissos und erschließen neue Routen. Vor allem Theo und Siggi von der „Drilling Gang“ hatten „Nachholbedarf“ und waren recht eifrig dabei. Auch Hans zog es immer wieder an den Sektor. Auch andere Kletterer fanden Gefallen an diesen Felsen und erschlossen ihrerseits neue Routen. Zu Irritationen und großem Ärger sorgte dann die Benennung von Routen: Joachim und Günter hatten ihre Routen nach Nikolas und Kalidonis (der Eigentümer der Taverne gegenüber) benannt – und Nomiki und ihr Mann waren tief getroffen, verunsichert, verärgert. – So eigensüchtig? Nein, die Erklärung hat uns erst George von der Inselverwaltung plausibel gemacht: wer seinen Namen an eine Felswand im Gelände  schreibt, nimmt damit offiziell Besitz von diesem Land, macht für alle sichtbar seinen Anspruch deutlich. Und sowas sollten die Freunde, Nachbarn von Ilias gemacht haben? Welch ein Schlag ins Gesicht! Dieses richtig zu stellen war für uns nicht einfach. Der Brauch der Kletterer, alle „locals“, vor allem wenn sie ein paar Bier oder Bohrhaken spendiert haben, mit Routennamen zu „verewigen“ war Ilias Familie gänzlich unbekannt und unverständlich. Mittlerweile hat sich das natürlich wieder eingerenkt, aber es zeigt wie schnell ein Missverständnis zu tiefen Zerwürfnissen führen kann. Den Sektor über der Taverne tauften wir „Paradise Beach“ – was einerseits eine zutreffende Beschreibung ist und andrerseits auch den Kletter-Tourismus ankurbeln sollte. Und die Familie von Ilias macht jedes Jahr ein bessres „business“ und wir sind immer gern gesehene und wohl bewirtete Gäste.
  
Paradise Beach

1 Pool, 5b**, 22m (Hommel & Friedrich 2014)
2 Genesis, 5c+ **, 28m (Theo Hoch, Daniela, Iris, Franz 10/14)
3 Nomiki, 6c**, 28m (Theo Hoch, Daniela, Iris, Franz 10/14)
4 Canoe, 6a**, 25m (Hommel & Friedrich 2014)
5 Evagelia, 6a+ ***, 20m (Hans Weninger, Dietrich Kaiser 11/13)
6 Elena, 6a ***, 20m (Hans Weninger, Dietrich Kaiser 11/13)
7 Startschuss, 5c+ ***, 20m (Hans Weninger, Franz Seidenschwarz, Angie Hafner11/13)
8 Hanetti, 6a+ ***, 20m (Jeanette Weninger, Hans Weninger 4/14)
9 Schwarte, 6a ***, 20m (Jeanette Weninger, Hans Weninger 4/14)
10 Sharp, 6b ***, 20m (Hans Weninger, Jeanette Weninger 4/14)
11 Hope, 6a ****, 30m (Theo Hoch, Siggi Mühlbacher 11/13)
12 Ilias, 6b+ ***, 27m (Siggi Mühlbacher, Theo Hoch 11/13)
13 Sorry, 6a+ ****, 25m (Hans Weninger, Dietrich Kaiser 11/13)
14 Kali..., 6a ***, 25m (Hommel & Friedrich 2012)
15 Pockets, 6a+ *** , 25m (Hans Weninger, Dietrich Kaiser 11/13)
16 Niko..., 6a***, 23m (Hommel & Friedrich 10/2011)
17 Bay, 6a**, 20m (Hommel & Friedrich 10/2011)

Drilling Gang: Hans & Jeanette Weninger, Theo Hoch, Siggi Mühlbacher, Dietrich Kaiser, Iris & Franz Seidenschwarz, Angie Hafner, Christian Schmidt

   
Die späteren Routen im Sektor „Bay“

01     Sun, 6a**, 25m (Hommel & Friedrich 2014)
02     Henkelparade (jug parade), 5b***, 30m, in the gully with the big
          holes and jugs
          (Christian Schmidt, Angie Hafner & Drilling Gang - 11/2011)
03     Teardrop, 6c **, 30m, technical and not so easy for the on-sight
          (Theo Hoch & Drilling Gang – 11/2011)
04     Matze alive, 6c+**, 21m  (A+J Rohrmann 11/2011)
05     Wiesel, 6b+***, 25m - variant to ILTIS, one short passage difficult
          (Hommel & Friedrich - 10/2011)
12      Rocco, 4c **, fills up the sector (Hedgecock 5/13)

Insgesamt sind es mittlerweile 34 Routen von 4b bis 7a und es ist noch jede Menge Potential vorhanden. Vor allem sind auch noch weitere Sektoren möglich und sinnvoll.

 

Sto kalo!